45,595 km sind für einen Ultra eher kurz, aber beim Gornergrat Zermatt Marathon hat es die Distanz in sich! 2.458 Hm sind zu überwinden, um Europas höchstgelegenes Marathonziel auf dem Gornergrat auf 3.089 Meter zu erreichen.
2011 startete ich zum ersten Mal in Zermatt, damals über die Marathondistanz und schon damals sagte ich mir: Ich komme wieder und laufe dann bis auf den Gornergrat. 2016 war es endlich soweit, im April entschied ich mich für den Start am schönsten Berg. Damit verbunden war die Suche nach einer günstigen Unterkunft und die Planung der Fahrt. Knapp 10 Stunden Zugfahrt, 5x Umsteigen um ins Wallis zu gelangen, aber das ist es wert! Starts in schönen Bergregionen nutze ich immer für einen Kurzurlaub mit Wanderungen, so auch dieses Mal.
Bereits am Donnerstag kam ich an, konnte auf dem Weg nach Zermatt die Startunterlagen in St. Niklaus holen, was mir am Freitag mehr Zeit zum Wandern gab und ich mit der Startnummer die eingeschlossenen Freifahrten nutzen konnte. Bei schönem Wetter und perfekter Sicht auf die umliegende Bergwelt mit dem Matterhorn und weiteren 4000ern wollte ich mich auf die Höhenluft einstellen und wanderte auf das 3.415 Meter hohe Oberrothorn. Leider zeigte sich im Laufe des Tages, dass das Wetter nicht halten wird und es am kommenden Tag im Zielbereich sogar schneien könnte. Das warf die Frage auf, was ziehe ich an, was nehme ich mit? Ich entschied mich für kurze Hose, zwei Shirts und hatte im Rucksack Mütze, Handschuhe und Regenjacke dabei.
Nach einer kurzen und unruhigen Nacht ging es nach dem Frühstück mit dem Zug zum Start nach St. Niklaus, das auf 1.116 Metern liegt. Bei etwa 10 Grad fiel der Startschuss und in mehreren Wellen starteten die Läuferinnen und Läufer über die verschiedenen Distanzen. Die Strecke verläuft bis Zermatt durch das Mattertal anfangs meist auf Nebenstraßen oder Wanderwegen. Die Steigungen sind nur mäßig, so dass die ersten 21 km gut zu laufen sind. Entlang der Strecke feuern viele Zuschauer die Läuferinnen und Läufer an, auch aus den vorbeifahrenden Zügen jubeln die Fahrgäste. Die Stimmung ist super! Bei km 17 wird die Matter überquert, die tief im eingeschnitten im Fels fliest. Von nun werden die Wege schmaler und abwechslungsreicher. Nur noch wenige km bis Zermatt auf 1.620 Meter. Hier ist Halbzeit – allerdings nur was die Kilometer betrifft, denn zeitmäßig ist diese noch lange nicht erreicht… schließlich sind erst etwa 400 Hm geschafft und 2.000 Hm warten noch auf uns. Die Halbmarathonmarke erreiche ich bei knapp 2 Std.
In Zermatt heißt es nochmals durchatmen und Kraft sammeln. Durch den Ort führt eine Schleife und das Publikum feuert die Sportler an. Ab km 25 beginnt mit dem ersten größeren Anstieg auf die Sunnegga der eigentliche Berglauf. Bei km 32,5 wird diese auf 2.280 Meter erreicht. Knapp 7 km geht es nur bergauf und die Kräfte schwinden, an Laufen ist meist nicht zu denken, eher an zügiges Wandern. Zum Glück gibt es bei km 28 eine Versorgungsstation, bei der die Energiespeicher wieder aufgefüllt werden können. Insgesamt ist die Versorgung entlang der Strecke sehr gut und lässt keine Wünsche offen!
Das Wetter ist vormittags zwar besser geworden, aber die Berge verstecken sich leider in den Wolken. An der Sunnegga werden die Läuferinnen und Läufer wieder versorgt und anschließend geht es etwas entspannter weiter. Auf schmalen Pfaden führt die strecke in einem ständigen Auf-und-Ab bis etwa km 35 und teilweise kommt es zu Staus oder gefährlichen Überholmanövern. Anschließend werden die Wege wieder breiter und gut laufbar. Für mich war der folgende Abschnitt sehr schön, da er felsige Passagen enthielt und Wege mit Wurzeln - abwechslungsreich und schön zu laufen! So war die Riffelalp (2.222 Meter) bei km 39 schnell erreicht und hier hieß es nochmals Trinken und Essen. Von nun ging es bis zum Ziel nur noch bergauf – noch etwa 900 Hm.
Der folgende Streckenabschnitt verläuft entlang der Zugstrecke zum Gornergrat und manchmal wünscht man sich schon… aber nein, es ist nicht mehr weit! Es wird kälter, ich laufe inzwischen mit Handschuhen und die Kräfte schwinden. Aber es geht noch und die Luft ist OK. Kurz vor dem Marathonziel wird es nochmals flacher und wieder laufbar. Über das Schild „noch 600 Meter bis zum Ziel“ schmunzle ich etwas und kurz vor dem Marathonziel kommt die Weggabelung – links Zieleinlauf Marathon, rechts weitere 3,4 km und 514 Hm zum Gornergrat. Ja, ich will es! Nach 5:14 Stunden biege ich rechts ab und über einen flacheren Wiesenweg geht es dem Ziel entgegen. Es wird ruhiger und die Zahl der Läuferinnen und Läufer nimmt deutlich ab. Aber bald steigt die Strecke wieder an und es beginnt leicht zu schneien. Die Berge sind inzwischen komplett eingehüllt und es geht am Riffelsee vorbei. Hier oben wird es immer windiger, kühler und die Luft wird nun auch dünner… Die Wege werden technisch anspruchsvoller, wir laufen oder besser gesagt, wir gehen über felsige Trails bergaufrecke und immer wieder ist die Bahn auf den Gornergrat unser Begleiter.
Der Anstieg will einfach nicht enden, die km ziehen sich. Nur noch 1 km, aber dazwischen liegt noch ein letzter Hügel, der bezwungen werden muss. Auf einem felsigen Weg geht es in Serpentinen hinauf und das Ziel kommt in Sichtweite. Ganz langsam kommt der Gornergrat näher und dann ist es geschafft! Nach 6:17:24 Std. komme ich als 53. in der Kategorie M40 ins Ziel. Nach Zieleinlauf wird den Läuferinnen und Läufern eine Medaille und Wärmefolie umgehängt und wir verschwinden im Gebäude, um nicht auszukühlen.
Trotz des Wetters war es alles in allem wieder ein super Lauf, der landschaftlich wahnsinnig viel zu bieten hat und sehr abwechslungsreich ist. Für mich steht schon jetzt fest: Ich werde wiederkommen und ein drittes Mal am schönsten Berg starten!
Mehr Bilder vom Lauf findet ihr auf meiner Facebook-Seite unter: www.facebook.com/pg/running.bernd/photos/?tab=album&album_id=1909807142610151
Bernd