Vorsicht! Sentimentaler Inhalt!
Das war für die nächsten Jahre mein letzter Ironman! Im
Nachhinein betrachtet kommt mir dieser Tag vor wie das Dümmste was ich je in
meinem Leben gemacht habe! Ich bin ein großes Risiko eingegangen, nur aus
falschem Stolz und übertriebenem Kampfeswillen, der schon an Vollidiotie grenzt.
Das hatte nichts mehr mit Sport zu tun, sondern war so etwas wie
Selbstverstümmelung. Ich ziehe ab sofort vor jedem meinen Hut, der bei einem
Rennen den Schneid hat und aufgibt, weil es ihm offensichtlich gesundheitlich
nicht gut geht.
Alles begann mit meiner Anmeldung einen Tag nach dem
Ironman Germany 2006. Ich wollte auch nach Frankfurt und endlich diesen
Wettkampf bestreiten. Gerade mal fünf Tage dauerte es bis der Wettkampf
ausgebucht war! Und ich hatte einen Startplatz ergattert! Also plante ich, um
möglichst gut vorbereitet zu sein, schon Anfang Dezember mit dem Schwimmtraining
zu beginnen und in den Weihnachtsferien meinen ersten Laufblock zu machen.
Persönliche Schwierigkeiten verlegten meinen Trainingsbeginn auf Anfang Februar,
was sich schnell als perfekt erwies. Meine bisherige Theorie einen Ironman immer
in 6-7 Monaten vorzubereiten ist somit zu den Akten gelegt. Allerdings hatte ich
auch in Moritz einen absolut gleichwertigen Trainingspartner, dem ich es
verdanke überhaupt die Vorbereitung durchgezogen zu haben. Der Formcheck beim
halben Eiermann in Österreich war ebenfalls mehr als gut und somit fuhr Mr.
Größenwahn tatsächlich mit der festen Absicht der Hawaii Quali nach Frankfurt!
Und da gab es dann Dresche!
Aber bitte alles von Anfang an! Der Wettkampfmorgen begann
damit, dass ich feststellen musste, dass mein Hinterrad platt war. Shit! Ich
dachte ich müsste sofort tot umfallen! Zum Glück gab es aber bei diesem PERFEKT
organisierten Wettkampf einen Radcheckergroßmeister, der mir tatsächlich am
Sonntagmorgen um fünf Uhr völlig entspannt einen neuen Schlauchreifen aufgeklebt
hat! Ich hätte diesen kleinen Mann mit wunderbar klingendem hessischem Akzent
küssen können, als er gesagt hat, dass das alles überhaupt kein Problem wäre. In
15 Minuten hatte ich meinen aufgepumpten und einsatzbereiten Reifen. Danke
Bruder!!! Also ab zum Bike und alles vorbereiten.
Um 6.40, nachdem alles gerichtet war machte ich mich auf
die Socken zum Schwimmstart. Das Wasser war glücklicherweise in der Woche zuvor
noch mal abgekühlt und hatte die optimale Temperatur von etwas über 19 Grad.
Gute fünf Minuten einschwimmen und dann nichts wie vor um eine gute Position zum
Starten zu finden. Das war aber verdammt schwer, bei 2200 Menschen, die alle auf
einmal starten wollten! Schnell noch die Hymne und dann ging es los! BANG! Um
mich herum nur Arme, Beine, Leiber. Vor mir kein Wasser zum Schwimmen. Schläge,
Tritte. Ich will hier raus! Ich will wieder nach Roth. Irgendwer schiebt mich
brutal zur Seite. Ich bekomme einen Fuß ans Kinn. Ich schalte meinen Verstand
aus. Leute, das hat nichts mit Triathlon oder was weiß denn ich zu tun. Das hier
ist Krieg! Nur um was geht es eigentlich? Ich habe Angst! BANG! Der zweite
Startschuss? Ich sehe weiße Punkte im Wasser. Habe einen kurzen Brechreiz,
bekomme Panik. Was ist, wenn ich das Bewusstsein verliere? Ich will hier nicht
absaufen! Was war passiert? Einer meiner Mitstreiter hat mir dermaßen eins auf
den Hinterkopf gegeben, dass mir der Schädel brummte. Ich hatte das Gefühl, der
Schlag war in Wrestler Manier gezielt mit dem Ellenbogen ausgeführt worden. Wer
auch immer dieser Fuzzi war, ich wünsche ihm alles Gute und bedanke mich für die
Erfahrungen, die ich im Laufe des Tages noch machen durfte. All right, Mali!
Schwimm einfach weiter. So bescheuerte Gedanken wie 340 Euro Startgeld oder
es sind ein paar Leute wegen dir nach Frankfurt gekommen, also enttäusche sie
nicht kamen in mir hoch. Bescheuert! Also vorsichtig weiter schwimmen. Als es
bei der letzten Boje immer noch Schläge gab, hab ich zurückgetreten. Sorry!
Später erzählte man mir, dass gleich zu Beginn des Schwimmens drei Leute
umgedreht sind! Die hatten irgendwie keinen Bock mehr!
Nach 1:06 h verließ ich völlig entnervt das Wasser und
rannte zu meinem Bike. Die ersten Kilometer bis nach Frankfurt liefen recht
ordentlich. Aber als dann die ersten Bahnübergänge und größeren Straßenfehler
kamen und man durchgeschüttelt wurde, merkte ich immer mehr, wie sehr mir doch
meine Birne weh tat. Auch konnte ich nicht mit dem von mir angestrebten Puls von
150-155 fahren sondern mit maximal 140. Okay, also wird es heute wieder mal
nichts mit der guten Zeit. Wieder habe ich wie letztes Jahr beim Sachsenman
einen echt guten Testwettkampf absolviert und beim Saisonhöhepunkt versagt.
Wieder war ich im Training der Leader und im Wettkampf der Depp! Ich gebe auf.
Leckt mich doch alle am Arsch! Dann wieder der Gedanke an meine Leute und deren
Enttäuschung. Also, dann wenigstens ins Ziel kommen und alles geben. Aber wie
soll das funktionieren, bei meinem Brummschädel. Immer wenn ich schneller fuhr
wurde mir schwindelig. Dann halte ich am Medizinzelt und frage nach Hilfe. Der
Sani konnte mir gerade zwei Tabletten geben und sagen, dass er mir sonst
eigentlich überhaupt nicht helfen kann. Vielleicht ´ne Gehirnerschütterung oder
so. Shit, also weiter. Dann kam Bad Vilbel, wo meine Leute schon sehnsuchtsvoll
auf mich warteten. Ich musste anhalten und mir von Anja noch zwei Aspirine geben
lassen. Scheiße, was machen andere wenn sie so Kopfschmerzen haben? Bin ich echt
so ein Weichei? Wieso kann ich die Schmerzen nicht einfach ignorieren? Ich
steige in Frankfurt aus. Nein! Ich werde heute ins Ziel einlaufen. Also zweite
Runde. Sind ja nur noch schlappe 90 Km und ein kleiner Marathon. Also weiter. In
Sankt Pölten hat mich kein einziger Fahrer auf dem Rad überholt. Jetzt fuhren
Britta, Tamara, und Christa an mir vorbei. Eine interessante Erfahrung! Die
zweite Runde ähnelte mehr einer Kaffeefahrt als einem Rennen. Immer wieder wenn
ich anzog wurde mir schwindelig. Dann ließ ich es einfach irgendwann sein. Beim
zweiten Anstieg in Bad Vilbel standen wieder Norbert und Gab,i die mich noch mal
mit Tabletten versorgten. Dann ging es bergab nach Frankfurt in die zweite
Wechselzone. Als ich vom Rad stieg (Split lächerliche 5:26), zog es mich nach
rechts und eine junge Frau fragte schon, ob es nicht besser wäre auszusteigen.
Aber nein, Mr. Superheld hat es sich in seinen doofen Schädel gesetzt diese
Geschichte zu beenden. Also ab ins Wechselzelt und die Laufschuhe schnüren. Ich
merkte sofort, dass das mit dem Laufen nichts werden würde. Mir wurde sehr
schnell schwindelig und ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Dann kam
Julia die mir irgendetwas erzählte und ja nicht wusste, dass es mir schlecht
ging. Danke Julia für deine Worte! Danke Uwe! Ihr ward immer eines meiner Ziele
unterwegs. Danke! Dann sah ich zum ersten Mal Anja und Moritz, der immer ein
paar Meter neben mir herlief und mir irgendetwas erzählte. Ich konnte ihm nur
die Ohren voll jammern. Also weiter! Auf der zweiten Runde sah ich meine Mama
und habe mich für meine schlechte Leistung entschuldigt. Was für ein Arschloch
ich doch bin. Wir reden hier von fucking 3,8 km Schwimmen, fucking 180 km Rad
und ein paar zerquetschte Kilometer und ich Rindvieh habe nichts besseres zu tun
als mich für meine schlechte Leistung zu entschuldigen!? Mann, du hast drei
Eiermänner getanzt und machst dir wegen der Zeit in die Hosen? Langsam dämmerte
es mir warum ich eigentlich hier bin. Nicht um eine bessere Zeit als Moritz in
Roth hinzulegen. Der Junge ist einfach superstark gewesen, ein toller
Wettkämpfer! Nicht um darauf zu hoffen, dass Herr Krell vorne schwache Beine
bekommt und ich mich für letztes Jahr revanchieren kann. Nicht um diese
bescheuerte Hawaii Quali zu schaffen. Ich bin hier weil ich Sportler bin! Ich
bin hier weil ich dieses absolut fantastische Publikum genießen will! Ich in
hier, weil es etwas Besonderes ist, bei einem Ironman teilzunehmen. Ich will
nicht mehr auf die verdammte Uhr schauen. Pfeif doch auf die AK´s wir sind hier
um zusammen Sport zu treiben. Und wenn die beiden Damen vorne echt so doof sind
und sich beim Zielsprint abschießen, anstatt Hand in Hand über die Ziellinie zu
gehen dann sollen sie das tun!
Auf meiner dritten Laufrunde merke ich, wie der Tritt
langsam schneller wird. Aber vorsichtig bleiben! Also langsam Tempo steigern und
schauen was noch geht. Schließlich bin ich bei Km 20 eines Ironmans. Es geht
immer besser. Ich fange an zu fliegen. Der Schwindel, die Kopfschmerzen sind
weg. Kein Wunder nach 7 Schmerztabletten! All right, alles ist vergessen was
bisher war. Jetzt hol ich sie mir wieder alle! Tamara halte dich fest. Jetzt
kommt gregsen3000 in High Speed Rock`n Roll. Während ich noch die ersten beiden
10,5 Km Runden in ca. 60 Minuten gelaufen bin, gelang es Mr.
Ich-mach-es-immer-anders-als-die-anderen tatsächlich die dritte in 55 Minuten
und die vierte in stolzen, und das ist jetzt wirklich mein Ernst, 50 Minuten zu
laufen! Komplett bescheuert!. Jeder andere läuft am Anfang schneller und wird
aufs Ende hin zu langsamer. Mr. Malinowski natürlich nicht. Völlig entspannt
nehme ich im Ziel meine Medaille entgegen und stehe 20 Minuten später frisch
geduscht und gestylt am Ausgang des Athlete`s Garden! Gregor du siehst aus,
als ob du nichts gemacht hättest! Das höre ich mir jedes Jahr an. Ich wünsche
mir auch mal eine Infusion zu bekommen. Ich möchte auch mal auf einer Bahre
weggetragen werden. Völlig erschöpft und total platt. Aber ich kann das
irgendwie nicht. Ich trage nach dem Wettkampf immer die Beutel der anderen. Und
immer bin ich langsamer gewesen, als ich es mir vorgestellt habe. Aber ab sofort
gibt es keine Zeiten mehr. Ab sofort will ich nur noch Spaß haben! Mann, ich
habe meinen vierten Ironman nach Hause gebracht! Ich bin stolz und doch finde
ich mich ziemlich bescheuert. Ich habe meine Gesundheit, wenn nicht sogar mein
Leben riskiert. Und das alles wegen einer bestimmten Zeit oder einer dusseligen
Medaille. Michael ist sogar ins Krankenhaus gekommen! Wir reden hier von Sport
und der ist ja bekanntermaßen kein Mord, oder doch?
Mein Dank für den tollen Support gilt natürlich vor allem
Moritz. Wir sind uns in den letzten Monaten durch diesen geilen Sport menschlich
sehr nahe gekommen. Kein anderer Mensch hätte mir in Runde zwei die Frage
gestellt möchtest du etwas loswerden? Ich habe sofort losgeheult und somit
wahrscheinlich den Tag noch retten können. Moritz, du hast vollkommen Recht.
Nicht der Wettkampf ist die eigentliche Challenge, es ist das lange, harte
Training. Wir haben im Training viel miteinander gelitten. Aber wir haben uns
durchgekämpft und unseren Wettkampf absolviert. Darauf dürfen wir sehr stolz
sein! Was wir gemeinsam durch diesen Sport erlebt haben wird uns keiner mehr
nehmen, mein Freund!
Danken möchte ich auch Norbert und Gabi die mich
leidenschaftlich unterstützt haben! Es war so wichtig für mich, dass ihr auf
meiner zweiten Runde in Bad Vilbel noch mal für mich da ward!
Dank auch an Julia, die ja mit Michael beschäftigt war,
aber mich immer aufgemuntert hat. Danke an Anja, meinem Babe! Du hast mir die
Ruhe gegeben und alles mitgetragen! Durch dich bin ich wieder stark geworden!
Unbesiegbar!
Und Danke an meine Mama, die immer am Start ist, wenn
sich`s der Bub mal wieder gibt!
Wem das jetzt alles zu sentimental war, der soll zur Hölle
fahren!
Mein Erfahrungsbericht vom IM Frankfurt (Michael):
Um es vorweg zu nehmen, ich hatte mir mehr vorgenommen,
habe mich aber aufgrund
meiner falschen Renntaktik um eine bessere Zeit gebracht.
Vielleicht hilft das jemanden von euch in seiner nächsten oder ersten
Ironman-Planung. Die Vorbereitung lief recht gut, besonders auf dem Rad fühlte
ich mich bombig, allerdings hatte ich die 3 Wochen vor dem Rennen schon einige
Motivationsprobleme, verursacht durch die doch lange Saison seit Oktober letzten
Jahres.
Der Renntag selber fing mit einer nie erlebten Prügelei im
Wasser an und wurde auch bis zum Schluss nicht besser. Da half alles nichts,
außer auch selber ein paar Mal kräftig auszuteilen wenn man nicht mal mehr seine
Arme hochbekommt, weil man von links und rechts malträtiert wird. Mit der
Schwimmzeit von genau 1 Stunde bin ich relativ zufrieden, hatte mir mehr
erhofft, aber mehr konnte ich nicht an diesem Morgen. Immerhin hatte ich ja noch
einige Kilometer vor mir. Der Wechsel verlief reibungslos, er dauert nur in
Frankfurt durch das riesige Areal ziemlich lange, und schon konnte es losgehen.
Nach einigen Kilometern einrollen bemerkte ich dass mein Pulsgurt nicht
funktionierte, Klasse!!! Alles Schalten, verrücken und mit Spucke benetzen half
nicht, ich musste meinen Wettkampf ohne Puls machen. Also fuhr ich nach Gefühl.
Das lief ganz gut, wieder einmal konnte ich auch relativ konstant fahren, mit
einem kleinen Tief zwischen km 110-130. Nachdem ich nun über 200 Leute
überholte, musste ich doch zeitweise sehr lange auf der linken Straßenseite
fahren. Bei km 80 winkte mich der Wettkampfrichter zu sich heran und verwarnte
mich nicht immer links zu fahren, einmal Anhalten, beide Beine auf den Boden und
weg war ich wieder. Also dann lieber rechts rein in die Gruppen und lutschen???
Ohne mich. Die wurden nämlich zumindest in meiner Gegenwart kaum verwarnt, wobei
ich allerdings die Penalty Boxen immer voll gesehen habe
Nach einer sehr zufrieden stellenden Zeit von 4:50h kam ich dann kurz vor den
ersten Profi-Frauen in die zweite Wechselzone. Ganz so frisch wie beim IM
Südafrika im März fühlte ich mich allerdings nicht mehr und ich hatte auch die
leise Vorahnung, dass ich ohne Pulsgurt schneller gefahren bin, als mir gut tat
Nichtsdestotrotz lief ich nach Gefühl los und traf auch gleich Uwe und Julia,
super Anfeuerung Ihr beiden. Einige Arbeitskollegen aus Nürnberg waren auch vor
Ort! Nach km 6 sah ich dann endlich meinen Support, Julia, Moritz, Steffen und
viele andere die wegen Gregor und mir nach Frankfurt gekommen sind. Vielen
Vielen Dank für Eure Unterstützung. Mir ging es zum Ende dermaßen dreckig, so
was habe ich noch nicht erlebt, aber schon lange vorher habe ich mich gefreut
euch bei der nächsten Runde wieder zu sehen.
Bis
km 20 konnte ich mein geplantes Tempo noch durchziehen, dann war der Ofen aus!
So
schlecht ging es mir noch nie, mein Tempo fühlte sich an als wenn ich 5h für den
Marathon brauchen würde, es ging nichts mehr. Also doch zu schnell Rad gefahren,
kam die plötzliche Erkenntnis. Am Schluss schleppte ich mich noch mit 3.48h ins
Ziel. Am Ende sprang immerhin eine neue Bestzeit heraus: 9:45h. Damit bin ich
glücklich. Beim nächsten Mal ein bisschen beim Rad herausnehmen und dann kann
ich auch wieder schneller Laufen J
15min nach Zieleinlauf fiel ich um und wurde ins Krankenzelt und später auch ins
Krankenhaus gebracht. Dafür verantwortlich ist mein extrem niedriger Blutdruck
von 60 zu 40 nach dem Rennen, allerdings kannte ich dass schon aus Südafrika und
nach ein paar Infusionen konnte ich nachts das Krankenhaus wieder verlassen
Ob
das so gesund ist
.überlegt euch das noch mal ;-)