Hier mein Erlebnisbericht von Roth 2006 (Michael Krell):
Da dies meine erste Langdistanz war, werde ich meinen Bericht ausführlich schildern und auch meine Gefühle beschreiben, es kann also etwas länger dauern.
Zu allererst möchte ich sagen, dass jeder teilnehmende DJKler sich großartig geschlagen hat und abgesehen von unerklärlichen Zeitstrafen wohl auch seine Wunschzeiten bzw. Traumzeiten erreicht hat. Ohne das Beisein von den anderen Vereinsmitgliedern, meinem fantastischen Fanclub und auch einigen angereisten DJKlern hätte ich mich nicht zum Durchhalten motivieren können. Vielen Dank für die Unterstützung!
Meine Aufregung hielt sich bis zum Vorabend noch in Grenzen, stieg dann aber ins unermessliche als ich früh zum Schwimmstart eintraf! Die ganzen fitten und teilweise auch alten Hasen zu sehen, machte mich schon sehr nervös. Beim Schwimmstart war ich ziemlich weit vorn in der Reihe und als der Startschuss gefallen war vergaß ich meine komplette Schwimmtaktik und legte, wie immer eigentlich, viel zu schnell los. Ich erinnerte mich an Jürgens Rat und heftete mich an einen meiner Meinung nach schnellen Schwimmer und verfolgte ihn eine ganze Weile. Ich bin mir ziemlich sicher dass ich irgendwann auch andere verfolgt habe, auf alle Fälle habe ich die ganze Zeit versucht im Schwimmschatten zu schwimmen. Natürlich will man es den anderen auch zeigen. Kurz vor dem Ende war ich so fertig dass ich dachte, den Rest nicht überstehen zu können. Aber es lief so gut und das Gefühl meines Neos machte den Schwimmpart einfach nur geil. Dementsprechend motiviert stürzte ich mich mit zitternden Armen auf mein Rad und machte mir auch gleich meine Sonnenbrille kaputt. Wie ich nach 130km Radfahren bemerkte, hatte ich nur noch das rechte Glas im Gestell und keiner hat mal irgendwas gesagt, deshalb war meine Sicht auch die ganze Zeit so komisch :-) Ich schmiss sie dann weg und fuhr ohne weiter. Die erste Radrunde war einfach nur geil, so viel Spaß hat mir Wettkampf noch nie gemacht. Der Solarer Berg war der Hammer, ich bog um die Ecke und dachte mir Oh mein Gott, so viele
Dort waren dann auch meine Familie und Freunde die den ganzen Moment noch schöner gemacht haben. Am Anfang der 2. Runde holte mich dann die Realität ein und ich hatte einen ziemlichen Hänger. Als mich Jürgen bei km 120 eingeholt hatte war wohl der Tiefpunkt erreicht und ich dachte mir die ganze Zeit, nur nicht zuviel Zeit verlieren. Einige Zeit und viele Gels später ging es mir wieder besser und hielt glücklicherweise bis zum Wechsel an. Ich hatte noch nie soviel auf dem Rad gegessen wie an diesem Tag, teilweise musste ich die ganze Zeit aufstoßen und hatte Bauchschmerzen, aber ich wollte unbedingt den viel gefürchteten Hungerast vermeiden. Die Zeit auf dem Rad ging vergleichsweise schnell um, obwohl ich mir manchmal doch dachte; ach du scheiße, jetzt noch mindestens 6 Stunden bis zum Ende. Die ersten Laufkilometer liefen sehr gut, ich musste mich zeitweise bremsen nicht zu schnell zu laufen, als ich Jürgen wieder eingeholt hatte, ging es mir sogar noch besser. Das war ein richtiger Motivationsschub gewesen. Für ihn aber anscheinend auch, denn viel weiter weg von ihm kam ich bis Kilometer 28 nicht. Aber noch nicht so schnell
es lief super bis Kilometer 15, dann schlich sich langsam das Elend in mir ein. Ich dachte jeden Meter ans aufgeben, die Kilometer wurden immer länger, teilweise kamen ewig keine Kilometertafeln und ich war echt am verzweifeln. Das einzige was mich am durchhalten hielt, war der Gedanke an meine ganzen Unterstützer und die beiden im Nacken. Es gab Momente in denen ich einfach vor mich hinfluchte und mich fragte, warum ich dass überhaupt mache. Ich will noch erwähnen, dass mich Gregor durch seine tolle Geste bei km 30 tief beeindruckt hat und mir es ab dann auch wieder besser ging. Die letzten Kilometer konnte ich sogar noch mal zulegen um den unglaublich zähen Jürgen fernzuhalten. Das Einlaufen war wieder geil, jeder rief; genieß es und du hast es geschafft, ein tolles Erlebnis, dass ich dann erst viel später auf dem Weg nach Hause realisiert habe.
Vielen Dank an meinem Trainingspartner Gregor, für die wichtige und richtige Vorbereitung, auch wenn es manchmal hart war, so hat sich doch alles am Ende bezahlt gemacht! Vor allem für die neuen, aber auch für manch alteingesessenen: Gregor ist ein sehr guter Ansprechpartner für Trainingspläne und Langdistanzvorbereitung, ohne ihn hätte ich mein völlig ungeeignetes Trainingspensum durchgezogen und viele Anfängerfehler gemacht, die mir so erspart geblieben sind, und wäre in der 2. Radrunde umgekippt. Dennis, danke dass du mich zu diesem Sport gebracht hast und mir als Vorbild gedient hast.
Roth 06 - das Rennen aus meiner Sicht (Jürgen Hanshans)
Der Wettkampf ist zwei Tage her, es läuft die zweite Halbzeit Deutschland-Italien und ich muss die ganze Zeit an das Rennen denken, also kann ichs auch gleich aufschreiben. Ich kann mich immer noch nur mit Mühe aufs Klo setzen und von selbigem wieder aufstehen, und Treppen runtersteigen ist eine fast unlösbare Aufgabe, aber so langsam drängen die Freude und der Stolz die Schmerzen in den Hintergrund. Es war einer der geilsten und gleichzeitig auch einer der schrecklichsten Tage in meinem bisherigen Sportlerleben, und wenn mein erster Ironman sich so angefühlt hätte, hätte ich wahrscheinlich keinen zweiten gemacht. Aber der Reihe nach.
Die Vorbereitung war insgesamt gut gewesen, ich hatte mehr und härter trainiert als je zuvor und mir dementsprechend einiges vorgenommen: Bestzeit sollte es auf jeden Fall sein, wenn möglich in allen drei Disziplinen. Zuversichtlich machte mich ein bisher kaum gekanntes Gefühl: Ich freute mich auf den Wettkampf. Checkin, Messe und Radabgabe war wie üblich eine Riesengaudi, nicht zuletzt wegen reichlich dummer Sprüche und vereinsinterner Sticheleien (natürlich 100% freundschaftlich!).
Am Wettkampfmorgen gab`s wie gewohnt Gänsehautfeeling bei Hymnen, Bombastmusik, Priesteransprache und was weiß ich noch alles. Rad gecheckt, Verpflegung drauf, Sonnenschmiere, Neo an, Beutel abgeben, alles läuft glatt, ich bin selbst ganz überrascht von meinem routinierten Verhalten. Etwas anders ergeht es Gregsen, der kurz vor dem Wassereinstieg merkt, dass er seine Radbrille noch aufhat und noch mal zu seinem Bike sprinten muss. Wahrscheinlich ganz fasziniert von meiner Abgezocktheit stehe ich im Startareal und gucke ein bisschen vor mich hin, als ein Blick auf die Uhr mir sagt, dass ich eigentlich schon im Wasser sein sollte, in drei Minuten gehts los. Nix ist mehr cool, plötzlich sind alle Wege zu weit und alle stehen mir im Weg rum. Platsch, rein in den Kanal und auf zur Startleine. Von einer taktisch günstigen Schwimmposition kann keine Rede sein, und ich habe nicht einmal mehr Zeit vor dem Startschuss rituell in meinen Neo zu pullern. Bumm macht die Kanone und ab geht´s.
In den letzten Jahren konnte ich schön unbedrängt am Rand schwimmen, jetzt stecke ich in der Mitte fest. Was machen diese Schlafmützen in der dritten Reihe? Ich muss all meine Nahkampferfahrung abrufen, bis ich einigermaßen Platz habe und eine angemessen flotte Gruppe erwische. So, nun erstmal Rhythmus finden. Schon nach wenigen Minuten sind wir zu den langsamsten Schwimmern der vor uns gestarteten DM aufgeschwommen und ich fühle mich bestens, ertappe mich sogar dabei, wie ich im Geiste singe Das ist die perfekte Welle
Ruhig, Brauner, nur nicht übermütig werden. Bis zum ersten Wendepunkt läuft alles bestens, plötzlich sind alle weg. Wendeboje verpennt, ich Trottel, macht fast nix, neu orientieren und die Gruppe wieder finden. Wieder durch langsamere durch, wieder schnelle Füße suchen. Der Rest der Schwimmstrecke flutscht prima, und das Überholen macht richtig Spaß. 2. Wende, Zielgerade, raus, genau eine Stunde, klasse, erste Teilbestzeit geschafft. Neo im Laufen halb ausziehen, Beutel aufnehmen, rein ins Zelt. Als ich mich vollends aus der Gummihülle pelle, spüre ich einen leichten Krampf im rechten Oberschenkel. Au weh, das heißt nix Gutes. Egal, raus, Rad aufnehmen, drauf und ab.
Wie ein tibetisches Mantra habe ich die letzten Tage immer vor mich hin gemurmelt. Langsam einrollen, kleine Gänge, hohe Frequenz, kurbeln, nicht drücken, vor allem nicht am Berg. So mache ichs auch und komme mir langsamer vor als in den meisten meiner Trainingseinheiten. Egal, ruhig bleiben, der Tag ist noch lang, am Anfang kann jeder schnell fahren. Konzentriert halte ich meinen Ernährungsplan ein, stopfe mir alle 20 Minuten etwas Süßes, Klebriges in die Backe und trinke fleißig. Ansonsten genieße ich die Landschaft, die Anfeuerung vom Straßenrand und den Blick auf die abgefahrenen Maschinen der anderen. Ohne Kalibur oder P3 Carbon könnte man sich direkt minderwertig vorkommen. Ein wenig beunruhigend finde ich nur ein gelegentliches Hakeln meines Schaltwerks, das Tags zuvor noch nicht da war und das mit der Scheibe als Resonanzkörper recht bedrohlich anmutende Geräusche verursacht. Egal, ignorieren, lässt sich eh nicht ändern. Fast erschrocken nehme ich bei Kilometer 70 zur Kenntnis, dass ich trotz betont lockerer Fahrweise einen glatten 35er fahre. Entweder bin ich bombig drauf, oder ich bin gerade dabei mich abzuschießen. Fast zeitgleich die ersten Krämpfe in den Oberschenkeln. Mist, die kamen sonst erst bei 150km. Noch mehr essen und trinken, noch runder treten. Zu meinem eigenen Erstaunen kann ich das Tempo halten, obwohl ich minütlich auf den Einbruch warte. Ich würde gern mal Wiegetritt fahren, denn ich bekomme so langsam starke Rückenschmerzen. Wenn ich aus dem Sattel gehe, sind allerdings die Krämpfe sofort wieder da. Also werfe ich bei 100km die Voltaren ein, die ich für Notfälle mitgenommen habe, und das hilft dem Rücken zum Glück für einige Zeit. Bei 115, es ist inzwischen ziemlich windig und tritt sich auf der Flachpassage zwischen Thalmässing und Greding echt hart, überhole ich Michael. Wieso ist der denn vor mir, ich denke, ich bin schnell geschwommen und gefahren. Egal, jetzt ist er hinter mir und macht einen angeknockten Eindruck. Das klassische Überzocken beim ersten Mal? Vergiss es, Jürsche, konzentrier dich auf dein Rennen. die letzten Anstiege, noch mal Greding, noch mal in Solar feiern lassen, und dann Kette rechts und stetig bergab nach Roth in die zweite Wechselzone. 5:13, Schnitt 34.5. Geil, aber wenn das mal gut geht, so richtig frisch fühle ich mich nicht mehr.
Der Wechsel klappt gut, die ersten Laufkilometer weniger. Das ist mehr Rumeiern und Hinken, aber das kenn ich ja, das wird schon. Fürs erste wär ich froh, wenn die Rückenschmerzen aufhören würden, von den Krämpfen gar nicht zu reden. Bei ca. 2km steht Christian und haut mir dermaßen auf die Schulter, dass ich fast in die Knie gehe. So langsam finde ich auch so was ähnliches wie einen Laufrhythmus und pendele mich so um die 5:15/km ein. Gleichzeitig merke ich aber, dass ich jeden Schritt absolut gleich setzen muss, den Fuß einen Zentimeter höher heben oder weiter strecken gibt sofort starke Krämpfe, so habe ich zwar auch welche, aber immerhin kann ich weiterlaufen. Von Anfang an ist der Marathon ein Psychospiel, lauf weiter, Mann, Gehpausen sind für Memmen, wenn du länger brauchst, tut´s länger weh, heute ist der wichtigste Tag des Jahres, da wird nicht rumgeluscht. Nur nicht dran denken, wie weit es noch ist. So gehen die ersten Kilometer einer nach dem anderen vorbei, immer wieder begleitet von der Aufnahme klebriger Flüssigkeiten und sicher lustig aussehenden Hopsern, wenn die Krämpfe im einen oder anderen Bein stärker werden. Das kann ja noch heiter werden. Ich bin aber bei jedem Kilometer überrascht, dass ich nicht wesentlich langsamer werde. Bei Kilometer 6,5 überholt mich Michael, der seine Schwächephase offenbar restlos überwunden hat, aussieht wie frisch geduscht und mich fröhlich nach meinem Befinden fragt. Mittel, kann ich nur stöhnen und weg ist er. Der Junge macht ein unglaubliches Rennen. Dann kommt Schwanstetten mit seinen drei Wendepunkten und ich bin für Ovationen und Abwechslung richtig dankbar. Aus der Ortschaft raus gehts den Berg hoch und es gesellt sich ein Franzose zu mir, der mir erzählt, dass er einen Marathonbestzeit von 2:28 hat, und ich bin schon ein bisschen stolz, dass ich hier neben ihm herlaufen kann. Außerdem plaudern wir über Fußball, was sich mangels gemeinsamer Sprachkenntnisse nicht gerade einfach, dafür aber umso lustiger gestaltet und wieder ein bisschen von den Schmerzen ablenkt. Etwa zu dieser Zeit sehe ich zum ersten Mal Gregor, scheitere aber wie gewohnt beim Versuch, meinen Vorsprung auszurechnen. Ich kann auch überhaupt nicht sagen, ob er fit wirkt oder nicht. Tunnelblick nennt man das wohl. Der Rest der Strecke besteht aus immer wiederkehrenden Abschnitten von Cool, es geht besser und Nee, doch nicht. Kerstin, Moritz und Felix brüllen mir Aufmunterndes in die Ohren, und irgendwann bin ich beim letzten Wendepunkt. Hui, Michael ist gar nicht so weit vorn, ob ich ihn doch noch
? Verdammt, ich kann kein bisschen schneller, jetzt habe ich auch Krämpfe in den inneren Oberschenkeln, nicht mehr nur vorn. Nochmal Gregor abklatschen, noch mal rechnen, noch mal ohne Ergebnis. Er keucht Anderthalb Minuten und meint wohl Michaels Vorsprung, aber woher will er das denn wissen, er läuft uns ja entgegen. Da sehe ich schon die Lände und sauge sie förmlich an, ab da sind´s nur noch 4km, grad mal gar nix. An der Lände steht Eddi, er rennt neben mir her und feuert mich an: Du siehst echt noch gut aus! Eddi, du bist ein lausiger Lügner, aber trotzdem danke. Der nächste, der neben mir herrennt, ist mein Neffe Thorsten (nicht unser Thorsten), der kaum mitkommt, weil er sein Fahrrad schiebt (warum fährt er eigentlich nicht? Egal). Bei der Gelegenheit merke ich, dass ich jetzt voll Stoff renne, von Krämpfen keine Spur mehr. Als ich kapiere, wie nah am Ziel ich bin, fange ich an, unkontrollierte und kaum artikulierte Brüller loszulassen und sämtliche Zuschauer abzuklatschen, ob sie wollen oder nicht. Dann bin ich im Stadion, der Sprecher fordert mich zum Endspurt auf, leck mich, Mann, ich genieße hier mein Finish, ein letzter Schrei des Jubels und da ist die Linie. 10:04, absolut irre, Marathon in 3:46. Meine Beine sacken weg, ein Sanitäter fragt, ob ich Hilfe brauche, und ich brabbele etwas von Krämpfen und Infusionen. Er will eine Trage holen, nein, das wäre mir dann doch peinlich, ich rappele mich auf und stolpere über den Steg in Richtung Endversorgung, schnappe mir ein Erdinger Alkfrei, ein Gebräu, das ich unter normalen Umständen zutiefst verabscheue, heute schmeckt´s top. Rein ins Medizinzelt, Pritsche, Nadel, Tropf, danke gute weiße Frau. Fast sofort kehren die Lebensgeister zurück. Schmerz vergeht, Ruhm besteht. Huch, 1:0 für Italien, Mist. Na ja, man kann nicht immer gewinnen
Gregor Malinowski:
Mein großer Dank geht an Thorsten, ohne den ich das Rennen niemals überstanden hätte! Das liegt aber nicht daran, dass Herr Prang mich so toll angefeuert hatte, sondern ich, immer wenn ich ans Aufgeben gedacht habe, an die blöden Sprüche danach denken musste.
Das war mit großem Abstand das Härteste was ich in Sachen Triathlon erlebt habe! Das Schwimmen verlief eigentlich ganz gut. Ich hatte nur schon sehr bald ein leichtes Hungergefühl, das ich aber leider nicht ändern konnte, da ich nicht so auf Algensalat stehe. Als ich zum Schwimmausstieg kam schätzte ich 1:03 und tatsächlich war das genau meine Zeit! Ich wechselte schnell und schrie Kessi zu jetzt wird gerockt.
Die ersten Kilometer liefen super. Ich war eigentlich nur auf der Überholspur. Mir war aber auch klar, dass irgendwann auf der zweiten Runde also nach Kilometer 100 das Rennen nicht mehr so leicht sein würde! Es kam mal wieder alles ganz anders. Als ich nach dem Kalvarienberg in Greding das erste Mal ans Aufgeben dachte (Radkilometer 45!) war mir klar, dass das nicht mein Tag werden würde. Es war, wie wenn man ein Schalter betätigt und das Gefühl von Leere und Schwäche einen dermaßen übermannt, dass alles nur noch weh tut. Ich dachte mir du musst essen Gregor. Ich habe, glaub ich, sechs Gels herunter gewürgt ohne Ergebnis. Also Tempo rausnehmen und abwarten. Wieder dachte ich daran, so wie letztes Jahr, in Hilpoltstein aufzugeben. Nur der Gedanke an Sportkamerad Prang hielt mich am Leben. Und natürlich etwas Erfahrung. Ich aß soviel, dass mir schlecht wurde. Bei Kilometer 120 nach den schlimmsten 70 Kilometern meines Lebens kam die alte Stärke endlich wieder zurück und ich konnte Gas geben. Jetzt versuchte ich natürlich, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Wieder fuhr ich hauptsächlich auf der Überholspur. Natürlich war ich auch sauer, dass ich dermaßen viel Zeit habe liegen lassen. Aber das Beste sollte ja noch kommen.
In der Wechselzone angekommen, drückte man mir meinen Wechselbeutel in die Hand an dem ein roter Zettel befestigt war. Was war denn das für ein Zettel? Ein Gutschein für eine Massage nach dem Rennen? Ein Gutschein für die Sauna? Nein! Es war ein Einladung 8(!) Minuten Pause zu machen, während die ganzen Nasen, die ich gerade noch überholt hatte, an mir vorbei laufen konnten. Die Oma in der Penalty-Box sagte zu mir Da können sie sich wenigstens ein bisschen ausruhen! Ich spürte, dass meine Beine immer schwerer wurden und die Wut in mir war unbeschreiblich. Trotzdem beruhigte ich einen Österreicher, der alles kurz und klein schlagen wollte. Nach gefühlten achtzigtausend Minuten durfte ich endlich ins Wechselzelt und schließlich auf die Laufstrecke. Ich merkte gleich, dass nicht mehr viel gehen würde und beschloss es erst mal ruhig angehen zu lassen. Als ich dann Sebastian traf, der mir verklickerte, dass Michael vor und nicht wie angenommen hinter mir lag, schaltete ich den Turbo ein, um das Schlimmste zu vermeiden. Der Schuss ging wenige Kilometer später nach hinten los. Mir wurde kotzübel und ich musste das Tempo deutlich herunter schrauben. Ich aß Gels und Bananen, aber mir wurde immer schlechter und schlechter. Dann traf ich Michael, der offenbar schon Jürgen überholt hatte. In dem Moment war es mir egal wer von uns Dreien vorne liegt. Ich dachte daran nach dem ersten Wendepunkt zurück ins Ziel zu laufen und zum zweiten Mal hier in Roth aufzugeben. Ich wollte zu meiner Mama. Ich wollte endlich, dass die Schmerzen aufhören. Engelchen und Teufelchen spielten ihr Spiel mit mir; wobei Engelchen verdammt weit weg war und der Teufel mir ins Ohr brüllte: Gib doch endlich auf, du Lusche. Du bist müde. Was soll der ganze Wahnsinn hier eigentlich?! Sollen sie sich doch alle abschießen. Du kürzt jetzt schön ab und gehst heim zu deiner Mama.
Bei Kilometer 14 und einigen Gehpausen später, kam mir dann die glorreiche Idee es doch mal mit Cola zu probieren. Und siehe da, die Magenprobleme waren sofort weg. Und ich konnte wieder Fahrt aufnehmen. Ich Ultravollidiotendepp! Hätte ich doch gleich mit Cola angefangen! Auf einmal war der Gedanke ans Aufgeben wie weggewischt und ich war mir sicher Ich werde auf alle Fälle ins Ziel laufen.
Als mir klar wurde, dass ich meinen sechzigsten Tiefpunkt des Tages überwunden hatte überkam mich ein seltsames Gefühl von Rührung und ich begann zu heulen. Das war wieder doof weil heulen und gleichzeitig joggen ist auch irgendwie nichts. Bei Km 23 Schleuse Eckersmühlen traf ich meine Leute und wenig später schrien mir Moritz und Felix zum zehnten Mal die Ohren voll. Die beiden haben sich den Titel Best Support of the Year wirklich verdient! Ich konnte manchmal gar nichts sagen, so hat mich Moritz angebrüllt. Dann traf ich wieder Michael, der Jürgen offenbar distanzieren konnte und vor dem ich meine Mütze zog, was mir echt nicht leicht gefallen ist, weil ich mir die Reihenfolge doch etwas anders vorgestellt habe. Auf dem Heimweg vom zweiten Wendepunkt aus sah ich auf die Uhr und rechnete die letzten zehn Kilometer hoch und dachte Shit, nicht mal unter 10:30h. Und dann fing Onkel Mali an richtig zu rennen und lief, so bescheuert das auch sein mag, den letzten Zehner in 48 Minuten!!! Also schneller als die ersten zehn! Die Zeitstrafe wird nicht akzeptiert und von der Zeit abgezogen. Ich kam also in 10:17h ins Ziel, was eigentlich genau meinen Vorstellungen entsprach. CRAZY
Zusammenfassend muss ich sagen, dass das wirklich ein wahnsinniger Tag für mich war. Ich lag so oft mit dem Gesicht im Dreck und bin immer wieder aufgestanden. Der alte Gregor kam mich mal wieder besuchen und zeigte mir warum ich den neuen so viel lieber habe. Ich habe gegen meine Konkurrenten verloren, aber ich habe wirklich alles gegeben und mehr war an diesem Tag einfach nicht drin. Ich habe dafür aber gegen mich selbst, Hunger, Kampfrichter, Übelkeit, Schwäche, Seitenstechen und die Oma in der Penalty-Box gewonnen. Darauf bin ich stolz. Wir sehen uns im nächsten Jahr, Hombres...
Roth- Erlebnisbericht von drei Zuschauern
Schon morgens um 5.00 Uhr packten Moritz, Jule und Felix ihre Sachen um pünktlich beim Start da zu sein. Die Ausfahrt nach Roth konnte man nicht verpassen, da jeder zweite, der auf der Autobahn fuhr, die Ausfahrt nutze.
6:45 endlich angekommen, unserer Helden begeben sich in 15 Minuten ins Wasser.
7:00 Uhr Start der Gruppe um Gregor, Jürgen und Michi. Zur gleichen Zeit beginnt Farris al Sultan im Wasser richtig Druck zu machen und sich an die Spitze zu setzen. Die Stimmung auf den Rängen kocht.
7:05 Farris kommt aus dem Wasser- Felix und Moritz können es nicht fassen.
Die Spannung steigt, wann kommen sie- die Zeit zieht sich wie Kaugummi- unser Puls liegt nicht mehr im Ruhebereich.
7:55 Was ist das? Michi schwimmt an uns vorbei- er ist 5 Minuten unter dem Zeitplan- wir schreien uns am Ufer die Stimmbänder wund und rennen hoch auf die Brücke um unserer Helden auf dem Rad zu sehen.
8:02 Da kommt Michi- er sieht gut aus und ist leicht zu erkennen- wir feuern ihn an.
8:05 Da rauscht Jürgen an uns vorbei- scheiße wir haben ihn zu spät erkannt.
8:06 Banges warten, wo bleibt Gregor, wir sehen ihn nicht- machen uns schon Sorgen.
8:20 Wir treffen Gregors Freundin und sie beruhigt uns. Gregor ist ca. 5 Min hinter Michi raus. Puhhhhhhh!! Puls fährt langsam runter
8:30 Michis Familie gesellt sich zu uns. Auf gehts zum Solarer Berg
9:15 Chris Mc Cormack und Demian Doe rasen an uns vorbei. Farris kommt ca. 30 Sekunden später.
9:40 Ankunft am Solarer Berg: Was hier abgeht kann man nicht beschreiben- so was muss man erleben. Wir gehen sehr weit nach oben um ganz nah diese Atmosphäre mitzubekommen. Wir sind alle total begeistert, bekommen Gänsehaut und Moritz und Felix ist jetzt schon klar -irgendwann sind wir dabei.
10:00 Nachdem wir schon dutzenden Leute den Berg hoch geschrieen haben banges Warten wann kommen unsere drei Sportsfreunde?
Ca 10:02 Da kommt Michi- unsere Stimmen überschlagen sich. Ihm gehts gut- er hat aber ein Brillenglas verloren.
Etwa um 10:04Uhr kommt Jürgen den Berg hoch-ein kurzes lächeln spiegelt sich in seinem Gesicht wieder, als er uns schreien hört
Ca:10:08 Gregor kommt den Berg hoch- seinen Beinen geht es nicht gut, er kommt einfach nicht ins Rollen aber trotzdem sind ihm unserer Anfeuerungsrufe nur Recht.
Jetzt sprinten wir auf die andere Seite von Hilpoltsstein um die drei erneut in Empfang zu nehmen.
Eine halbe Stundespäter taucht Michi erneut auf, wir rennen kurz neben Ihm her, geben Ihm den Rückstand auf Farris al Sultan mit auf dem Weg- jetzt muss er sich aber mal beeilen.
Jürgen schließt immer mehr auf Michi auf. Jetzt machen sich die Trainingskilometern von Jürgen bemerkbar.
Auch Gregor lässt sich bald Blicken. Es will einfach nicht. Das ist nicht der Gregor der uns im Training seinen Windschatten angeboten hat.
Zurück am Solarer Berg brauchen wir erstmal 1 Stunde Ruhe. Wir legen uns in den Schatten und dösen ein wenig. Dann lassen wir uns die Zwischenzeiten von Gregor und Michi von zu Hause per Handy durchsagen. Jetzt wird uns klar, Michi hat bisher einen super Tag erwischt (ca.57 Min. Schwimmen)aber auch Gregors Beine scheinen nicht so schlecht zu sein wie er uns versucht hat weiß zu machen. Die Zwischenzeiten sind in Ordnung.
Mittlerweile ist die Spitze schon wieder am Solarer Berg. Farris hat sich die anderen beiden geschnappt und 5 Minuten Vorsprung raus gefahren.
Ca 12:10 Da kommt Jürgen den Berg hoch. Mittlerweile ist der Berg nicht mehr so bevölkert und wir können 200-300 Meter neben unseren Helden lang laufen.
12:12 Jetzt ist Michi dran. Man merkt, dass er ca. 140 km hinter sich hat. Er zieht den Berg hoch und wir rennen so weit es geht mit. Nachdem er seine Schwimmzeit gehört hat, lacht er und sagt: Geil,- weg ist er!
Um 12.18 Uhr fliegt Gregor den Berg hoch. Verdammt kommt jetzt Gregors Zeit? Dann dieses Lächeln und die Freude vom Gregor im Gesicht. Das entschädigt für das lange Warten!!!
Ca. 12:25 Nach einem langen Sprint unsererseits durch Hilpoltsstein, begegnen uns die Jungs zum letzten Mal auf dem Fahrrad.
So, jetzt heißt es, 45 Minuten marschieren um an die Laufstrecke zu kommen. Wir haben uns eine Brücke ausgesucht um jeden der Kollegen viermal zu sehen. Endlich an der Brücke angekommen setzen wir uns hin. Jule schläft in der Sonne ein(2 Tage später schält sich der komplette Nacken).Wir sitzen zwischen der 23 und 24 km Marke. Was ist denn das für eine Staubwolke? Verdammt, wie ungerecht- da sprintet ein Läufer(wahrscheinlich aus Äthiopien) an allen anderen vorbei. Das muss deprimierend sein.
Wahrscheinlich ist es so gegen 15.15 Uhr als die Leiche Michi uns zum ersten mal über den Weg läuft. Nach 10 Sekunden nimmt er uns war. So beschissen wollen wir nie aussehen.
Ca 3 Minuten später kommt auch Jürgen an uns vorbei. Er hat wenigstens noch Farbe im Gesicht.
Gregor kommt und kommt nicht. Hat er sich an uns vorbei geschlichen um zu Faris und Chris aufzuschließen .Nach 10 Minuten warten, geben wir es auf- der Hund.
Auf der Brücke lässt Michi nicht lange auf sich warten. Trotzdem wundern wir uns:Wo ist sein Blut? Nach einer kurzen Unterhaltung merken wir, dass es Ihm besser geht als es den Anschein hat.
Jürgen ist noch immer 3-4 Minuten hinter Michi. Er hebt die Hand und will Moritz fünf geben. Jetzt lass schon wieder los Jürgen, für Händchen halten haben wir keine Zeit.
Da ist ja endlich Gregor -sieht noch fast aus als hätte er nichts gemacht! Aha- 8 Minuten Zeitstrafe- kein Wunder das er noch läuft wie eine junge Gazelle und grinst wie ein Honigkuchenpferd. So frisch und munter wollen wir nach 9 Stunden Extremsport auch aussehen- Gregor unser heimlicher Held.
Es ist wahrscheinlich so gegen 16:00 Uhr als Michi zurückkommt. Wenn er jetzt nicht einbricht dann ist eine Gesamtzeit von 10 Stunden und 15 Minuten auf jeden Fall dicke drin. Ich sage ihm noch kurz seine Radzeit und dann ist er weg.
Wieder folgt Jürgen mit dem gleichen Abstand und wieder will er Händchen halten(Foto).
Diesmal tut Moritz ihm den Gefallen und lässt erst nach 10 Sekunden los. Komm schon Jürgen du packst es.
Gregor taucht mit dem gleichen Grinsen auf, mit dem er sich verabschiedet hat. Er kann sich noch locker unterhalten und flucht ein wenig wegen der Zeitstrafe.
Jetzt müssen wir aber schnell runter an den Kanal. Von oben sieht Moritz, Michi unter der Brücke durchlaufen. Nach einem kurzen Sprint hat er ihn. Auf Geht es Michi- die letzen Kilometer- super Zeit - unter 10:15.Kuzer Klaps auf dem Po und tschüß.
Jürgen hält den Abstand und macht sich auch auf die letzten Kilometer.
Zu guter Letzt kommt auch Gregor(hierbei sei noch mal erwähnt, das Gregor für diese schauspielerische Leistung einen Oscar verdient hat. Er sieht im Gegensatz zu allen anderen die wir gesehen haben am besten aus!).
16:45 Uhr. Wir machen uns zum Auto auf um ins Ziel zu fahren. Im Auto schon erfahren wir die Endzeit von Michi. Wir schauen uns ein wenig ungläubig an und freuen uns für ihn.
Im Zielbereich angekommen finden wir Michi sehr schnell. Er sitzt mit seiner Familie auf einer Bierbank und lässt sich königlich bewirten. Hat er sich auch verdient.
Dann holen wir sein Fahrrad ab und begegnen unterwegs noch Gregor und Jürgen. Beide sehen unglaublich glücklich aus. Nach einem kurzen Plausch ziehen wir weiter.
Um 19:00 Uhr machen wir uns auf den Weg nach Hause. Wir fühlen uns alle wie erschlagen. Haben wir gerade den Ironman gemacht? Felix und Moritz sind sich überhaupt nicht mehr sicher ob sie so was mal machen wollen. So schnell kann sich das ändern.
Also dann bis zum nächsten Jahr- wir freuen uns drauf
Datum