Ironman Schweiz
Jubel über Bestzeit fällt nur gedämpft aus
Triathlet Sommer in der Schweiz stark
Triathlet Dennis Sommer von der DJK Gaustadt hat beim Ironman Switzerland eine absolute Spitzenleistung erbracht. Sein großes Ziel, die Qualifikation für den Ironman Hawaii, verfehlte er aber knapp. Schon im Herbst des vergangenen Jahres hatte die Vorbereitung des 25-jährigen Studenten der Betriebswirtschaft begonnen. Unzählige Trainingskilometer im Schwimmbecken, auf dem Rennrad und zu Fuß wurden absolviert, teils in über 30 Stunden pro Woche. Zahlreiche Vorbereitungswettkämpfe, besonders natürlich der Gesamtsieg auf der Mitteldistanz in Otterskirchen (der FT berichtete), offenbarten eine steil ansteigende Formkurve.
Als dann beim Ironman Switzerland der Startschuss fiel, war der Gaustadter nicht mehr zu halten. Die 3,8 km Schwimmstrecke im Zürichsee brachte er in einer neuen persönlichen Bestzeit unterhalb der Ein-Stunden-Marke (0:59:50) hinter sich, um dann auf der 180 km langen Radstrecke von Anfang an ein enormes Tempo vorzulegen. Mit durchschnittlich 35km/h fegte er über die drei Runden, die mit ihren ca.1500 Höhenmetern einen der anspruchsvollsten Radkurse der Ironman-Serie darstellen. Trotz eines Hungerastes auf der letzten Runde hielt Sommer das Tempo hoch und wechselte nach 5:08:35 auf die Marathonstrecke.
Das Laufen war von vornherein ein großer Unsicherheitsfaktor gewesen, denn eine hartnäckige Knieverletzung hatte nur ein stark reduziertes Training zugelassen. Sommer jedoch, der seine größte Stärke in seinem Durchhaltevermögen und in der Bereitschaft sieht, immer alles zu geben, setzte alles auf eine Karte und ging den Lauf mit Kilometerzeiten unter 4:30 Minuten an. Obwohl er dieses Tempo, das einem Triathlon-Profi alle Ehre gemacht hätten, nicht ganz halten konnte, absolvierte er dieabschließenden 42,195 km in sehr beachtlichen 3:29:12.
Vollkommen abgekämpft erreichte Dennis Sommer das Ziel in 9:40:25, was nicht nur eine Verbesserung seiner Bestzeit um 33 Minuten bedeutete, sondern ihm auch Gesamtrang 59 unter 1286 Teilnehmern, die das Ziel erreichten, sicherte. Viel Grund zum Jubeln also, wäre da nicht das große Ziel der Qualifikation für den Ironman Hawaii gewesen, die inoffizielle Weltmeisterschaft der Langdistanztriathleten. In den vergangenen Jahren hätte die Zeit von Dennis Sommer locker ausgereicht, um das Ticket nach Kona zu lösen, 2005 jedoch wurde er ein Opfer der ungewöhnlich großen Leistungsdichte in der Alterklasse M25 und verfehlte Platz 6, der zur Hawaii-Teilnahme berechtigt hätte, um etwa sieben Minuten - an der Gesamtzeit gemessen ein Wimpernschlag.
Doch trotz der anfänglichen Enttäuschung überwog bei Sommer und den mitgereisten Unterstützern von der DJK Gaustadt bald die Freude über einen nahezu perfekten Wettkampf und eine außergewöhnliche Leistung in einem Wettkampf, der vielen Menschen als geradezu übermenschliche Herausforderung erscheint.
www.ironman.ch
Noch ein Bericht, geschrieben von Gregor Malinowski:
Wahnsinn - Trauer - Stolz - Wut - Verzweiflung - Freude
Ironman Switzerland
Ein Cocktail aus Gefühlen mit einem sehr komischen Geschmack. So könnte man unsere Gefühlswelt beschreiben als wir gegen 16.40 Uhr im Ziel standen und uns gegenseitig ansahen. Keiner konnte, trotz der Wahnsinnsleistung, jubeln. Keiner konnte weinen oder brüllen oder kotzen oder sonst irgendwas tun. Wir standen da und fühlten uns leer. Erst langsam wurde uns klar, dass unser Held eine Leistung vollbrachte, die mehr als Anerkennung verdient. Aber dazu später mehr.
Das Unternehmen Ironman begann am Donnerstag, aber eigentlich schon im Dezember oder Januar. Seit dieser Zeit trainiert Dennis und bereitet sich akribisch auf den Tag X! vor.
Aber wer ist eigentlich Dennis? - Dennis ist der Typ, der immer Montagmorgen um 6 Uhr bei mir an der Haustür steht und mich mit einem freundlichen Moin begrüßt. Wir fahren dann ca. 5h locker Rad. Am Abend begrüßt er mich um 21 Uhr wieder mit einem freundlichen Moin, erzählt, dass er noch im Kraftraum war, grinst und haut sich in die Fluten, als ob es nichts Schlechtes gäbe auf Erden (leider weiß er nicht, dass man am Abend nicht mehr Morgen oder Moin oder sonst was sagt). Hätte ich am Dienstag nicht meinen Ruhetag, würde sich diese Prozedur wiederholen usw.
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Hat Dennis aber einen Ruhetag, dann geht er trotzdem locker 2-3 km schwimmen und danach noch ein wenig in den Kraftraum. Ich finde das ziemlich verrückt, der Erfolg gibt ihm aber Recht.
Im Laufe des Jahres zeigte es sich schnell, dass die Form unseres Protagonisten immer weiter stieg und als Dennis den 11. Platz beim Weltkulturerbelauf belegte, war klar, dass dieses Jahr einiges passieren würde. Beim Duathlon in Altenkunstadt konnte er wieder mit einer sehr guten Platzierung überzeugen und sein Sieg in Otterskirchen zeigte, dass auch seine Radform immer besser wurde. Die Trainingseinheiten mit Dobidoc am Mittwoch gaben ihm den letzten Schliff und die benötigte Tempohärte für das große Rennen.
Wir kamen also Donnerstagabend in Zürich an und verbrachten die folgenden Tage mit Chillen und Besuchen der Triexpo. Außerdem fuhren wir die Radstrecke ab und mussten erkennen, dass sie um einiges schwerer ist, als die in Roth. Auch die Laufstrecke hat viele Kurven und leichte Steigungen. Ansonsten waren Nudeln und viel trinken angesagt (iss doch noch was, Dennis). Samstagabend war Bike-Check-In und langsam stieg die Spannung ins Unermessliche. Nachdem wir die Taktik von Dennis besprochen hatten (voll schwimmen, voll Rad fahren, voll laufen), legten wir uns aufs Ohr. Nach Angaben von Dennis hat er im Gegensatz zu den zwei letzen Nächten sehr schlecht geschlafen. Aber bekanntlich fliegt ja ein Pfeil weiter, wenn der Bogen richtig angespannt ist. Nachdem wir um 4 Uhr aufgestanden waren und Dennis seine Henkersmahlzeit eingenommen haben, sind wir mit Unterstützung von Prodigy und den White Stripes in die City gedonnert. Noch mal kurz das Rad abgecheckt und ab zum Schwimmen. Hier konnte unser Held sich bei der Startaufstellung sehr weit vorne in Stellung bringen, was bei einem Massenstart von ca. 1400 Startern unheimlich wichtig ist, will man sich aus den üblichen Schlägereien heraushalten. Nach einer ca. 5-minütigen Unterhaltung mit dem Zweitplatzierten aus Roth Alexander Taubert, eilten wir zur Wechselzone um Dennis in Empfang zu nehmen. Und als ob er pünktlich zu einer Verabredung kommen wollte, erschien er knapp vor 8 Uhr an seinem Rad und wechselte vor unseren Augen auf die zweite Disziplin (Split 59:50). Sein Gesichtsausdruck machte deutlich, dass er voll konzentriert und zu weiteren Überraschungen bereit war. Nun konnte er richtig loslegen und die drei Runden mit je zwei mittleren und einem schwierigen Anstieg (insgesamt über 1400 Höhenmeter) in meiner Meinung nach sensationellen 5:08h meistern. Zwei Mal empfingen wir ihn am berüchtigten Heartbreak Hill, wo die Sportler mit 30- Kilo- Kuhglocken angefeuert wurden (sowas wie ein Solaraer Berg für Schweizer). Dennis sah verdammt gut aus, was unsere Hoffnung auf eine Topzeit steigen ließ. Auf der Laufstrecke verteilten wir uns, um ihm möglichst viel Unterstützung zu geben. Auf den ersten beiden Runden legte er ein atemberaubendes Tempo vor, dem er in den folgenden beiden Runden etwas Tribut zollen musste. Durch Internetinformationen aus Deutschland waren wir ständig über die Platzierung informiert und konnten ihm mächtig Gas geben. Leider musste aber auch Dennis spüren dass seine mentalen Fähigkeiten ihm nicht über die Tatsache hinweghalfen, dass er durchschnittlich nur 10-15km pro Woche Laufen konnte. Es ist trotzdem ein Rätsel wie mit so wenigen Laufkilometern ein Split von 3:29h möglich ist. Jeder der schon mal einen Marathon gelaufen ist weiß, dass man eine Zeit unter 3:30 niemals mit so wenig Laufkilometern schaffen kann (wohlgemerkt beim Marathon als Einzeldisziplin!).
So standen wir im Ziel und zählten die Sekunden. Immer wieder blickten wir sehnsuchtsvoll zum Eingang und verfluchten insgeheim jeden Finisher der hereinkam, obwohl alle anderen ebenfalls Großes geleistet hatten. Wir aber wollten die Qualifikation für Kona, für Big Island, für die Weltmeisterschaften auf Hawaii. Wir wollten jubeln, schreien, heulen- wir wollten gewinnen! Wir standen da und glotzten blöd und waren stolz auf Dennis, auf uns. Aber wir konnten uns nicht freuen, was unendlich schade ist, wenn man bedenkt, dass Dennis mit einer Gesamtzeit von 9:40h ins Ziel einlief und dort völlig erschöpft zusammenbrach. Ich werde alles geben - und noch mehr. Dennis, du hast tausend Prozent gegeben. Du hast uns einen unvergesslichen Tag geschenkt! Danke!
Ich fordere dich übrigens hiermit auf nächstes Jahr nach Zürich zu fahren und den paar Eierkönigen, die vor dir waren, den Arsch zu versohlen. Zwischen Zürich und dir ist noch eine Rechnung offen. Hol sie dir!!!
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